Kaum glaublicher Übergang zwischen zwei Welten
Donnerstag, 26. Oktober 2023, 20:00 Uhr
Mit Werken von Frederic Rzewski, Luc Ferrari, Clara Maïda, Karen Power
Das Kooperationsprojekt If the Berlin Wind Blows My Flag nimmt anhand der Geschichte des Berliner Künstlerprogramms des DAAD die künstlerischen Szenen in West-Berlin vor dem Mauerfall in den Blick. Das Studio für Elektroakustische Musik präsentiert Werke von Fredric Rzewski, Luc Ferrari, Clara Maïda und Karen Power, ehemalige DAAD-Stipendiat*innen des Berliner Künstlerprogramms, die sich jeweils auf ihre eigene Weise mit der Stadt und den Spuren von „zwei Welten“ – West-Berlin und Ost-Berlin – auseinandersetzen.
Tickets 6 € (regulär) / 4€ (ermäßigt), erhältlich unter www.adk.de
Programm
Frederic Rzewski, Zoologischer Garten, 1965
Tonbandkomposition, 22 min
Karen Power, hidden allure, 2016
quadraphonic tape (Berlin unheard bunkers), 12 min
Luc Ferrari, Presque rien No. 1, 1970
21 min
Clara Maïda, Ipso facto, 2007
9:34 min
Teilnehmer*innen
Luc Ferrari (*1929 †2005) war ein französischer Komponist, Klangkünstler und Hörspielmacher, bekannt für seine Arbeit in der musique concrète und seine Experimente mit Tonbandmusik. Er studierte am Conservatoire de Versailles und der École Normale de Musique in Paris, wo er von renommierten Musikern wie Alfred Cortot und Arthur Honegger unterrichtet wurde. Inspiriert von Edgar Varèse und Olivier Messiaen, nahm er an den Darmstädter Ferienkursen teil, wo er auf einflussreiche Komponisten wie Karlheinz Stockhausen und John Cage traf. Ferrari gründete 1958 mit Pierre Schaeffer und François-Bernard Mâche die Groupe de recherches musicales (GRM). Später trennte er sich von der GRM aufgrund künstlerischer Differenzen. Er integrierte Umweltklänge in seine musique anecdotique, eine von ihm entwickelte eigenständige Musikform im Gegensatz zur musique concrète. Seine musikalischen Experimente erstreckten sich auf die Verbindung von konventionellen Instrumenten und elektronischer Musik, wobei er die Grenzen zwischen den Genres verschwimmen ließ. Ferrari war auch als Lehrer tätig und realisierte für den O.R.T.F. Porträtfilme über berühmte Komponisten und Musiker wie Messiaen, Stockhausen und Varèse. Seine einzigartige Herangehensweise an die Klangerzeugung und seine musikalische Vielseitigkeit trugen dazu bei, zeitgenössische Musik in Frankreich und darüber hinaus zu prägen.
Clara Maïda (*1963) ist eine französische Komponistin, die sowohl in Paris als auch in Berlin lebt. Sie studierte Komposition in Frankreich und Großbritannien, besuchte Meisterklassen und Kompositionskurse bei Helmut Lachenmann, Philippe Manoury, Tristan Murail, Gérard Grisey, Magnus Lindberg, Harrison Birtwhistle, Klaus Huber und Marco Stroppa. 2007 war sie Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Sie erhielt mehrere internationale Kompositionspreise, u.a. den 1. Preis beim Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart 2011 und den Berlin-Rheinsberg Kompositionspreis 2008. Sie war Composer in Residence in mehreren elektroakustischen Studios (Elektronisches Studio der TU Berlin, Studio für Elektroakustische Musik der Akademie der Künste Berlin, Art Zoyd Valenciennes, Césaré Reims, GRM Paris und GMEM Marseille).
Karen Powers (*1977) Kompositionen nutzen zwei Hauptquellen: einerseits akustische Instrumente und andererseits Alltagsgeräusche, Räume und Klanglandschaften. Ihre Werke werden als Konzertmusik, Klangkunst, erweiterte Instrumente, reale und imaginäre Klangwelten und als multisensorische Momente erlebt. Alltägliche Umgebungen und die Art und Weise, wie wir alltägliche Klänge hören, stehen im Mittelpunkt von Karen Powers Praxis, wobei sie stets daran interessiert ist, die Unterscheidung zwischen dem, was die meisten von uns als "Musik" bezeichnen, und allen anderen Klängen zu verwischen. Sie hat sich von der natürlichen Welt inspirieren lassen und davon, wie wir auf Räume reagieren, die wir bewohnen. Sie nutzt die uns innewohnende Vertrautheit mit solchen Klängen und Räumen als Mittel, um das Publikum anzusprechen. Die daraus resultierenden Werke fordern das Hörgedächtnis des Zuhörers heraus, während sie gleichzeitig den Fokus verschiebt und neue Kontexte für diese Klänge präsentiert. Im Jahr 2009 promovierte sie in akustischer und elektroakustischer Komposition am SARC (Sonic Arts Research Centre), Belfast, bei Prof. Michael Alcorn ab. Während ihrer Doktorarbeit konzentrierte sich Karen auf die Gemeinsamkeiten und Eigenheiten von akustischer und elektroakustischer Komposition mit dem Ziel, eine stärker integrierte Sprache zu entwickeln, die diese Stärken anerkennt und nutzt.
Frederic Anthony Rzewski (*1938 †2021) war ein US-amerikanischer Komponist und Pianist. Er studierte in Harvard und an der Princeton University bei Lehrern wie Virgil Thomson, Roger Sessions, Walter Piston und Milton Babbitt. 1960 ging er nach Italien, eine Reise, die für seinen musikalischen Stil bestimmend war. Er studierte dort 1960 bei Luigi Dallapiccola und begann eine Karriere als Pianist zeitgenössischer Musik. Einige Jahre später gründete er gemeinsam mit Alvin Curran und Richard Teitelbaum die Gruppe Musica Elettronica Viva. Kennzeichnend für ihre Musik waren improvisatorische Elemente und der Einsatz live-elektronischer Instrumente. Im Jahr 1971 kehrte Rzewski nach New York zurück. 1977 erhielt er eine Professur für Komposition am Konservatorium in Lüttich und wirkte dort bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2003. Er lehrte daneben auch an anderen Hochschulen (z. B. Yale University, Mills College, California Institute of the Arts, University of California, Hochschule der Künste Berlin und in Den Haag). Ab 2014 war er Mitglied der Akademie der Künste.