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Filmische Annäherungen an West-Berlin

Samstag, 16. September 2023, 20:00 Uhr

Screening
Weitere
Kunstquartier Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin

Mit Werken von Egon Bunne, Clemens Klopfenstein, Ken Kobland, Antonio Skármeta

Das Projekt If the Berlin Wind Blows My Flag nimmt anhand der Geschichte des Berliner Künstlerprogramms des DAAD die künstlerischen Szenen in West-Berlin vor dem Mauerfall in den Blick. Im Rahmen des Residenzprogramms wurden ab 1963 internationale Kulturschaffende in die Stadt eingeladen, um West-Berlin vor der „kulturellen Isolation“ zu bewahren.


Eine Ausstellung in drei Kapiteln – im n.b.k., in der daadgalerie und in der Galerie im Körnerpark – sowie Veranstaltungen in der Akademie der Künste und an weiteren Orten beleuchten die Rolle, die das Programm für die Herausbildung und Vernetzung künstlerischer Praktiken während des Kalten Krieges hatte und befragen seine kulturpolitische Ausrichtung. Im Vordergrund stehen dabei die Aktivitäten des Berliner Künstlerprogramms, welches vor 60 Jahren von der US-amerikanischen Ford Foundation gegründet und ab 1965 durch den DAAD weiterbetrieben wurde, insbesondere im Hinblick auf die politisch motivierten Hintergründe der angestrebten Internationalisierung der West-Berliner Kunstszene.


Im Rahmen des Kooperationsprojekts werden bei Filmvorführungen im öffentlichen Raum Filme von Stipendiat*innen und weiteren Künstler*innen präsentiert. Im Kunstquartier Bethanien in Berlin-Kreuzberg werden filmische Annäherungen an West-Berlin als urbanem Lebensraum vorgestellt, die teilweise aus dem audiovisuellen Archiv des Berliner Künstlerprogramms des DAAD stammen.



Programm


Austausch / Exchange (1982, 9 min)
von Egon Bunne
Musik: ABM (Michael Scarati)
Produktion: LLUREX FILM (Egon Bunne)


„Die Mauer in Berlin erbten wir von unseren Vätern – hier wie dort. Sie ist länger als der Dingo Fence und höher. Niemand darf sie übersteigen. Auch im Westen wird die Mauer bewacht, im Osten sieht man die Grenzer den ganzen Tag auf Jagd. Mit dem Rücken zur Wand befinden wir uns in der Zukunft, ein düsteres Land…“ – Egon Bunne
„Der Dingo-Fence erstreckt sich 5000 Kilometer quer über den australischen Kontinent. Er mag die Dingos im Norden davon abhalten, das eine oder andere Schaf aus dem Süden zu reißen, aber seine Strecke ist übersät mit den Kadavern nomadisch lebender Tiere. Die Berliner Mauer trennt den Menschen vom Menschen. Sie macht West-Berlin zu einer künstlichen und verletzlichen Insel in einem politischen Machtspiel. Die visuelle Wirkung der Mauer stellt auf perverse Weise ihre entmenschlichenden Folgen dar.“ – Marr Grounds



Berlin: Tourist Journal (1988, 18 min)
von Ken Kobland


In Berlin: Tourist Journal (1988) verarbeitet Kobland, der noch vor dem Mauerfall als DAAD-Stipendiat nach West-Berlin kam, seine Erfahrungen: „Ich wollte die Landschaft des ‚modernen‘ Berlin schildern, und dies bedeutet immer auch ‚Zwiespalt‘ – eine Beschwörung des Imaginären: der fehlenden Landschaft sowie der Landschaft, die real existiert.“ Koblands Video ist eine tagebuchartige Sammlung von Eindrücken eines verwunschenen, nicht wirklich greifbaren Ortes. Durch Standbilder und historischen Aufnahmen lässt er eine vergangene und gegenwärtige Landschaft wiederauferstehen. So entsteht durch die Augen eines Außenseiters, eines Touristen, das Porträt einer geteilten Stadt.



Aufenthaltserlaubnis (1978, 12 min)
von Antonio Skármeta


Sommer in Westberlin, Ende der 1970er-Jahre. Exilanten und Exilantinnen aus unterschiedlichsten Ländern tanzen im Tiergarten oder spielen Fußball vorm Schloss Bellevue. Sie gehen zum Ordnungsamt, sie lassen die Aufenthaltserlaubnis von einem mürrischen Beamten verlängern. Rhythmisch geht der Stempel nieder in den Pass. Sie malen Pappbilder von Diktatoren, die gestürzt wurden. Wenn sie am Flughafen Tegel die Freunde und Freundinnen umarmen, die dorthin zurückreisen, wo sie groß geworden sind, ist ihre Freude grenzenlos. Doch ein Diktator kippt noch nicht. Augusto Pinochet unterdrückt mit einer Militärjunta das Heimatland Chile des Filmemachers. Dass er in Westberlin schon als Pappfigur durch die Straßen getragen wird, ist eine trotzige Hoffnung, die sich 1990 erfüllen wird.



Das Schlesische Tor (1982, 22 min)
von Clemens Klopfenstein


„Bilder und Töne aus Berlin beim Schlesischen Tor und der U-Bahn-Endstation vor der Mauer, aus Tokio und aus Hongkong, dazu Audiofetzen vom Falklandkrieg und der Vereidigung der letzten Schmidt-Regierung, durcheinandergemischt und von verwestlichter chinesischer Musik unterstützt, lassen ein Gefühl von Heimweh und Fernweh aufsteigen. Von Sehnsucht, von irgendwo und nirgendwo, wo man zur Flasche, zum Telefon oder zu alten Briefen greifen muss, bis die beruhigende Nacht fällt. Zusätzlich soll dieser Film die Rundheit der Erde spüren lassen, der Morgen von Tokio ist der Abend am Schlesischen Tor: der Lauf des Schattens um die Erde.“ – Clemens Klopfenstein
(Kopie: Courtesy Arsenal – Institut für Film und Videokunst)



Eintritt frei

Das Screening findet im Hof des Kunstquartier Bethanien statt.
Der Eingang liegt gegenüber der Adalbertstrasse 73.